Digitale Aktivierung der historischen Filmsammlung “Encyclopaedia Cinematographica”
Geförderte: Dr. Sarine Waltenspül, Moritz Greiner-Petter
Die Encyclopaedia Cinematographica (EC) war ein international von Dauer und Umfang außergewöhnliches Großvorhaben filmischer Forschung, das offiziell von 1952–90 bestand. Sie gehörte dem Institut für den wissenschaftlichen Film in Göttingen (IWF) an, das Filme für Wissenschaftler*innen, Hochschulen und Forschungsinstitute produzierte, distribuierte und archivierte. Die EC war als Enzyklopädie filmisch erfasster Bewegungen aus der Biologie, Ethnologie und den technischen Wissenschaften gedacht. Zum Schluss bestand sie aus über 3000 Filmen von Hunderten von Wissenschaftler*innen. 2010 wurde das IWF aufgelöst und die Sammlung gelangte in die Technische Informationsbibliothek Hannover (TIB), die den Bestand digitalisiert und zu großen Teilen in ihrem AV-Medienportal online zugänglich macht. Die Online-Zugänglichmachung der Filme erweist sich als rechtlich und ethisch komplex, sie birgt Potenzial und Gefahren zugleich.
Das transdiziplinäre SNF-Forschungsprojekt Visualpedia. ‘Atlas Encyclopaedia Cinematographica’ and the Visual Science and Technology Studies (09.2022–09.2026, Universität Luzern, Wissenschaftsforschung) hat die historisch-kritische Aufarbeitung der Sammlungsgeschichte zum Inhalt, und widmet sich in einem zweiten Schritt der Frage, wie mit einer teilweise ‘sensiblen’ Filmsammlung, deren Wurzeln in den Nationalsozialismus zurückreichen und deren Filme mitunter in (post-)kolonialen Kontexten entstanden sind, umgegangen werden kann. Im Sinne einer Visual STS (Galison 2014), die das Visuelle als zentralen Teil wissenschaftlicher Arbeit versteht und es in seinen entsprechenden Medienspezifika zu analysieren und aktivieren sucht, entwickeln wir über die ‘klassische’ historische Arbeit hinaus verschiedene digitale Interfaces, die die Sammlung und ihre Struktur, enzyklopädischen Ambitionen, Ästhetik und Medialität für die Forschung und öffentliche Nutzer*innen zugänglich machen sollen.
Im Rahmen der HERMES-Forschungsstudienförderung werden Moritz Greiner-Petter und Sarine Waltenspül eine Datenanalyse-Studie erstellen, die im Sinne einer Critical Digital Humanities einen qualitativ orientieren Zugang verfolgt, der die Medienspezifika des Visuellen und Filmischen als auch die Geschichte und Provenienz der Sammlung miteinbezieht (Institutionsgeschichte, Historizität der Metadaten, der einzelnen Filme, etc.). Dabei soll die Entwicklung und Gestaltung der Forschungs-Interfaces selbst als eine Methode der qualitativen Datenanalyse ausgeführt werden.
Link:
Projekt-Team:
Dr. Sarine Waltenspül, Dr. Mario Schulze, Moritz Greiner-Petter